Es geht um die Freiheit

Aktuell wird die Bewegungsfreiheit von Bürgern zur Eindämmung der Corona-Pandemie eingeschränkt. Die Bundesländer erließen dazu verschiedene Rechtsverordnungen. 

Wie zu vielen Themen gehen dazu die Meinungen auseinander. Von „ich kann mich um mich selbst kümmern,“ „mich juckt das alles nicht“, „ist alles zu spät“, bis „warum macht die Politik nichts, die sind schuld, wenn sich Corona weiter ausbreitet,“ ist alles zu lesen.

Es geht hierbei um eines der höchsten Rechtsgüter, das Menschen in Deutschland und in Europa haben: Freiheit. Deswegen muss Politik abwägen. Welche Maßnahmen sind erforderlich, um die Verbreitung des Corona Virus zu verhindern, bei gleichzeitiger größtmöglichen Wahrung der Freiheit der Einzelnen.

Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 GG (Grundgesetz) lautet: Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In Satz 3 steht: In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Art. 5 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) Abs. 1 sagt: Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Und dann:

Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden: e) rechtmäßige Freiheitsentziehung mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern.

Bei der Corona-Pandemie ist es das Infektionsschutzgesetz, das die rechtliche Grundlage für die Einschränkung des Grundrechts auf Freiheit darstellt:§ 32 Infektionsschutzgesetz: Die Landesregierungen werden ermächtigt, Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Die Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz)(…) können insoweit eingeschränkt werden.

Ein weiterer Verfassungsgrundsatz in Deutschland ist der der Verhältnismäßigkeit. Dieser besagt, dass die Freiheitsgrundrechte immer nur soweit eingeschränkt werden dürfen, wie es erforderlich ist, das benötigte Ziel zu erreichen aber auch nicht unnötig mehr. 

Dass sich die Regierung teilweise schwertut, die Freiheit Einzelner rigoroser einzuschränken, ist ein Ausdruck der Stärke der Staatsordnung in der wir leben, in der Freiheitsgrundrechte sehr hoch gehalten werden. Es ist nicht ein Zeichen von Schwäche, wie viele jetzt meinen (und sicherlich in Zukunft vor Allem aus dem rechten politischen Lager viele sagen werden), sondern es ist ein Zeichen von Stärke der Demokratie und der Rechte der Einzelnen oder des Einzelnen. 

Die Landesregierungen sehen zunächst, wie die Bürger mit ihrer Verantwortung umgehen und reagieren dann, wenn sich zeigt, dass es nicht anders geht und dann nicht rigoros, sondern nur im zum aktuellen Zeitpunkt erforderlichen Umfang. 

Dies sollten alle Bürger bedenken, wenn sie irgendwann in Zukunft mit Rechtspopulisten in ein Horn blasen, nach dem Motto: „Wenn Ihr Schwächlinge mir nicht verboten hättet, auf der Autobahn so schnell zu fahren, wie ich will, sondern das Tempo rigoros limitiert hättet, hätte ich keinen Unfall verursacht und es wären keine Menschen gestorben.“ Genauso unsinnig ist das Argument: „Hättet Ihr mir früher strenger verboten, die Wohnung zu verlassen, hätte ich mich daran gehalten, das Corona Virus hätte sich nicht so schnell ausgebreitet und es wären weniger Menschen gestorben.“

Freiheitsgrundrechte sind Ausdruck der Wertschätzung der Mündigkeit eines jeden Einzelnen. Sie dürfen nicht leichtfertig eingeschränkt werden, auch nicht in einer Ausnahmesituation. Zunächst gilt es, die Verantwortungsfähigkeit Einzelner zu testen, erst dann kann der Staat übernehmen. So sollte es in einer starken Demokratie laufen.

Im Übrigen ist Angst ein schlechter Ratgeber. Das sagen nicht nur Jediritter sondern seit jeher viele kluge Menschen einschließlich beispielsweise einem der höchsten deutschen Richter, Thomas Fischer, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D., in seinem Buch „Über das Strafen.“ Im Nachhinein wissen es vielleicht viele besser, aber das ist ja auch einfach. In einer Zeit voller Angst und Unsicherheit die Freiheit hochzuhalten ist hingegen ein Zeichen von Stärke im Sinne der Grundrechte. 

Viele werden jetzt schreiben: „Nein, das ist ein Zeichen von Dummheit.“ Und das können sie, weil die Meinungsfreiheit auch eines der höchsten Güter ist. Warum diese auch beispielsweise durch den fortwährenden Jammerruf „Fake News“ gefährdet ist, schreibe ich in Kürze. Im Übrigen heißt es doch, den Einzelnen oder die Einzelne zu entmündigen, wenn man ihm/ihr nicht zugesteht mit ihrer/seiner Freiheit verantwortungsvoll umgehen zu können. Tun dies die Menschen nicht, sind nicht sie dann die „Dummen“ (und nicht die Regierungen)? 

de_DEDeutsch